unscharf. Die Schärfe lässt nach, die Emotion bleibt.

Unzählige Augenblicke unseres Lebens werden nicht dokumentiert. Es gibt kein Foto, keinen Clip, keine Audiodatei. Trotz aller Möglichkeiten und Aufnahmegräte gibt es die eine Sekunde, den einen perfekten Moment, der nur in unserer Erinnerung stattgefunden hat. Weil wir gerade die Kamera nicht zur Hand hatten oder der Akku einfach leer war.

Wer aber genau im richtigen Moment den Auslöser gedrückt hatte, freut sich sein ganzes Leben über den Schnappschuss, den einen Beweis für das Erlebte. Egal ob das entsprechende Foto unscharf ist.

Unscharf wird aussortiert.

Je besser die Technik desto höher der Anspruch an die Bildqualität. Schärfe geht vor. Schon bei leichter Unschärfe wird aussortiert. Der Kunde bekommt das entsprechende Material also gar nicht erst vorgelegt.

Kollegin Anette Göttlicher fragte vor kurzem, welche unserer Outtakes, also Fotos, die zunächst nicht in der Auswahl zur Veröffentlichung waren, es dann doch noch in die Öffentlichkeit geschafft haben. Weil der Kunde sie mochte, oder der Anspruch an die technische Perfektion durch die Aussagekraft des Bildes weit in den Schatten gestellt wurde. Wer hatte den Mut, trotz technischer Defizite, zu veröffentlichen? Das Ergebnis ihrer Recherche hat sie nun in ihrem Blogpost „Die Schönheit der Macke“ veröffentlicht.

Anettes Titelbild zum Blogbeitrag zeigt, wie auch mein Titelbild hier, eine gute Freundin, mit der ich im Januar 2014 rund um die Akademiestraße in München Porträtfotos gemacht hatte. Stefanie. Dies Foto hier hätte ich ihr fast gar nicht gezeigt, weil es sehr unscharf und etwas verwackelt ist. Dann tat ich es aber doch. Weil es so sehr Stefanie ist, wie auf keinem anderen Foto das ich von ihr kenne. Wir waren unterwegs von einem zum anderen Setting und ich hatte wohl irgendwas gesagt, über das sie sehr lachen musste. Klick. Ihr typisches ansteckendes Lachen. Ihr gefiel es auf Anhieb mit Abstand am besten aus unserer Serie, ebenso wie allen, denen sie es zeigte. Dieses Foto hat Stefanie seit der Zeit als Profilfoto bei facebook.

Ich bin sehr froh, dass ich das Foto nicht zurückgehalten habe. Letztendlich wissen wir doch, dass technische Perfektion und knacke Schärfe gerade bei Porträtfotos nicht das wichtigste sind. Emotion und Ausdruck stellen diese leicht in den Schatten.

Es ist wie mit unseren Erinnerungen. Die Schärfe lässt nach, die Emotion bleibt.

Datenschutzinformation
Der datenschutzrechtliche Verantwortliche (Raimund Verspohl-Spring, Deutschland) würde gerne mit folgenden Diensten Ihre personenbezogenen Daten verarbeiten. Zur Personalisierung können Technologien wie Cookies, LocalStorage usw. verwendet werden. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: